Tag 8: Brilon – Menden

  • Tourverlauf (bei Komoot): https://www.komoot.de/tour/t198789426?ref=atd
  • Wetter: Sonne, Wolken, Wind, bis 15°
  • Länge: 67 km (Plan); 80 km (Ist)
  • Gesamtstrecke (Ist): 579 km
  • Dauer: 5 Stunden; Höhenunterschied: 420 m (+) / 750 m (-)
  • Highlights: Arnsberg, Mustergarten
  • Ziel: Hotel am Rathaus, Menden

Die heutige Teilstrecke war durch viele Abfahrten und natürlich durch ebensoviele teils steile Anstiege geprägt. Somit ist es auch mal an der Zeit, über die körperlichen Folgen einer Radtour über so viele Tage zu sprechen: Ich hatte ja erwartet, dass man vielleicht die ersten zwei bis drei Tage Probleme hat und dass sich danach der Körper an die ungewohnte Belastung gewöhnt hat. Dagegen hatte ich die ersten 7 Tage fast keine spürbaren Probleme. Erst jetzt – vielleicht als Folge des Aufstiegs ins Sauerland – brannten abends die Oberschenkel. Jetzt konnte ich das mitgebrachte Eisgel wirklich gut nutzen.

Typischer Anblick im Ruhrtal

Die Tour selbst folgte heute großen Teilen dem Ruhrradweg, war aber nur abschnittsweise idyllisch. Prägend für diese Landschaft ist ja, dass schon früh begonnen wurde, die Kraft der Flüsse zu nutzen, um damit zu sägen, zu mahlen oder Metall zu verarbeiten. Die heutigen Industriebetriebe liegen daher häufig noch wie Perlen auf der Schnur entlang dieser Flüsse. Das zweite prägende Element für das Ruhrtal ist die Autobahn, die hoch im Tal, teilweise auf Stelzen entlanggeführt wurde.

Mustergärten einer Gärtnerei

Aber auch Schönes war zu entdecken, wie der Mustergarten einer Gärtnerei, der leider versteckt hinter einer hohen Hecke lag und daher leicht übersehen werden konnte. Mit dem Gärtner unterhielt ich mich noch eine Weile. Er sagte, dass die Niederschläge in den letzten Jahren einen großen Bogen um das nördliche Sauerland machen und er jetzt viel mehr sprengen müsse. Da musste ich natürlich meine Bingo-Geschichte zum Ennepetaler Regen beisteuern…

Was ist eine Bingo-Geschichte? Als zugegeben etwas älterer Mensch kann es passieren, dass man in trauter Familien- oder Freundesrunde Geschichten zum Besten gibt, die die Zuhörer schon ein- oder mehrfach gehört haben (wofür ich mich in aller Form entschuldigen möchte… 😉 ). In unserer Familie gibt es da die witzige Idee, man könne doch Bingozettel mit zufällig verteilten Schlagwörtern dieser Geschichten verteilen. Wenn ein/e Zuhörer*in dann eine Reihe oder Spalte vollständig abgehakt hat, ruft er/sie „Bingo“ und hat gewonnen. (Das ist natürlich hoffnungslos übertrieben… – [Leicht ärgerlicher Emoji].)

Bingo-Geschichte „Regen„: Ein Grund dafür, dass ich damals weg wollte aus meiner Heimatstadt Ennepetal, war der doch sehr häufige Regen dort. Ich meine mich zu erinnern, dass dort in einem Jahr sogar rekordverdächtig viel Wasser runtergekommen war. Durch die Lage am Übergang von der Kölner Bucht zur Münsterländer Bucht konnten sich die Wolken abregnen, egal aus welcher Richtung sie kamen. Als meine Frau und ich später von Baden Württemberg aus meine Heimat besuchten, unkten wir auf der Autobahn A1 oft, dass sich das gute Wetter sicher gleich ändern werde, sobald wir Wuppertal erreichen würden. Und tatsächlich: Fast immer regnete es dort dann auch…

Inzwischen wünscht man sich diese Verhältnisse fast wieder zurück (Na gut: Nicht gerade dann, wenn man durch meine Heimatgegend mit dem Fahrrad unterwegs ist…). Aber der menschengemachte Klimawandel ist eine Tatsache, die kein vernünftiger Mensch mehr in Abrede stellt. Die Folgen für unsere Kinder und Enkel werden dramatisch sein. Und ja, ich habe ein schlechtes Gewissen, dass man sich nicht mehr für bessere Lösungen eingesetzt hat.

Arnsberg

Mittags erreichte ich Arnsberg, die sehr schöne Stadt in einer Ruhrschleife und Sitz des Regierungspräsidiums des Gebiets, zu dem auch Ennepetal gehört (Niedersachsen hat ja schon vor Jahren diese mittlere Ebene abgeschafft und gezeigt, dass sie eigentlich obsolet war…). Die Altstadt liegt malerisch am Hang entlang der zentralen Einkaufsstraße. Viele schöne Lokale gibt es dort, so dass ich dort auch zu Mittag essen wollte. Um es vorweg zu nehmen: Montags haben dort nur Cafe’s und Eisdielen auf. Mein Mittagessen bestand somit aus einer Waffel, Erdbeeren, Eis und Sahne… (Es gibt schlimmeres.)

Die Fahrt durch das Ruhrtal verlief danach schön auf dem Talgrund, bis meine Navigation mich wieder in die Berge schickte, um Menden von oben anzufahren. Dabei führte sie mich auch über eigenlich gesperrte Wald- und Landwirtschaftswege, was ich dann nicht mehr lustig fand (Stichwort „Navigations-Tourette“.). Der selbst entdeckte Abschnitt durch das wunderschöne Biebertal entschädigte dann aber für den Ausflug in die Höhe.

Rathaus von Menden

Menden selbst war mir auf Anhieb unsympatisch: Zuerst war es mir bei dem dichten Verkehr nicht möglich, dem Radweg zu folgen und dann war die Ampelschaltung an der Hauptkreuzung so, dass Radfahrer und Fußgänger ewig warten mussten. In der Fußgängerzone, in der ich dann einige Zeit nach meinem Hotel suchte, fiel es auf, dass doch der überwiegende Teil der Mitbürger dort nicht deutsch sprach.

Ich kann zwar verstehen, dass man sich vielleicht unwohl fühlt, wenn sich in einem solchen Gemisch der Kulturen fremd fühlt. Aber ich kann nicht nachvollziehen, warum Menschen dann rassistischen Parolen hinterherlaufen. „Alternative für Deutschland“? Wir hatten nun 75 Jahre Frieden und Wohlstand (vor allem durch die Aussöhnung mit den Nachbarn und die europäische Integration). Was soll dazu bitte schön die Alternative sein? (Tut mir leid, ich ereifere mich schon wieder…)

Das Hotel am Rathaus lag gut und war auch ganz nett eingerichtet. Abends gönnte ich mir im zugehörigen Restaurant noch den passenden Balkanteller. (Wenigstens beim Essen haben wir die Integration der Kulturen doch schon erreicht…)

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