Tag 7: Warburg – Brilon

  • Tourverlauf (bei Komoot): http://www.booking.com/Share-pG25os
  • Wetter: Sonne, Wolken, Wind, bis 15°
  • Länge: 52 km (Plan); 53 km (Ist)
  • Gesamtstrecke (Ist): 499 km
  • Dauer: 3 Stunden; Höhenunterschied: 400 m (+) / 170 m (-)
  • Highlights: Diemeltal, Westheimer Baggersee, Brilon mit Hansefest
  • Ziel: Hotel am Wallgraben (http://www.booking.com/Share-pG25os)

So schön das Hotel Alt Warburg auch war, es war das erste auf der Tour mit einem Voll-Buffet, was in Coronazeiten doch eher suboptimal war. Man konnte sich zwar vorher und hinterher die Hände desinfizieren, aber ob das ausgereicht hat…?

Nach der üblichen Packarie ging es auf gut ausgebauten Radwegen westwärts entang der alten Handelsroute, welche heute die B7 ist (Die bedeutende West-Ost-Verbindung führt auch durch Ennepetal und war somit ein Stück Heimat.).

Nach Coeln nur 28 Meilen! Die Abkürzung hätte ich vorher kennen sollen…

Dann ging es südwärts auf ruhigere Nebenstrecken. Nach der Überquerung der Diemel dürfte ich wohl im nördlichsten Teil Hessens gewesen sein. Da man diese schönen Fluß gleich wieder überqueren musste, war das aber nur ein kurzes Vergnügen.

Nach der Überquerung der Diemel bin ich tatsächlich schon in Hessen (Bundesland #5)

Die Ortsnamen in dieser Gegend waren mir gut vertraut, obwohl ich hier noch nicht gewesen bin. Der Grund dafür ist einfach: Ich habe als Jugendlicher für ein paar Mark die Vertreterberichte meines Vaters sortiert, der versuchte sogenannte Formkästen an Industriebetriebe zu verkaufen. Sein Traum, uns durch den Schritt in die Selbständigkeit ein besseres Leben zu ermöglichen, scheiterte an der schlechten Konjunktur in den 70er Jahren und an eigenen Fehlern. Meine Mutter musste selbst arbeiten gehen, um die Familie über Wasser zu halten, wobei sie 1971 noch die Zustimmung des Ehemannes benötigte (Was heute kaum noch begreiflich ist…). Aufgrund dieser Erfahrungen war für mich klar, dass die Selbständigkeit nicht unbedingt das ist, was ich anstreben sollte.

Formkästen in Marsberg – Wer weiß, evtl. hat die noch mein Vater hierher verkauft…

Die Radwege entlang der Diemel waren gut zu befahren (Vom dauernden Gegenwind sprach ich schon, oder?). Ein besonderes Highlight war ein Ergebnis des Baus der Autobahn Dortmund – Kassel: Nachdem hier Kies abgebaut worden war, ist durch Renaturierung ein See enstanden, der Schwänen, Reihern, Gänsen usw. als Refugium dient.

Westheimer Baggersee – ein Paradies aus Menschenhand

Dann ging es vom Diemeltal über Waldwege bis zur Anhöhe, was dann wohl die Wasserscheide zwischen Weser und Rhein darstellte. Mit 500 Metern war dies auch die höchste Erhebung meiner Tour (zumindest bis morgen…)

Am vielleicht höchsten Punkt der Deutschlandtour (500 m)

Auf dem benachbarten Gipfel musste man noch durch einen riesigen Windpark, ehe es in rasender Fahrt bergab ging (Neue Höchstgeschwindigkeit des Rades: 44,7 km/h, trotz starken Gegenwinds). Ich weiß, dass das nicht ungefärlich ist, aber wozu hat man neben dem Helm und guten Bremsen auch noch einen Schutzengel (Jetzt muss dazu natürlich die entsprechende Bingo-Geschichte kommen…)

Was ist eine Bingo-Geschichte? Als zugegeben etwas älterer Mensch kann es passieren, dass man in trauter Familien- oder Freundesrunde Geschichten zum Besten gibt, die die Zuhörer schon ein- oder mehrfach gehört haben (wofür ich mich in aller Form entschuldigen möchte… 😉 ). In unserer Familie gibt es da die witzige Idee, man könne doch Bingozettel mit zufällig verteilten Schlagwörtern dieser Geschichten verteilen. Wenn ein/e Zuhörer*in dann eine Reihe oder Spalte vollständig abgehakt hat, ruft er/sie „Bingo“ und hat gewonnen. (Das ist natürlich hoffnungslos übertrieben… – [Leicht ärgerlicher Emoji].)

Bingo-Geschichte „Schutzengel„: Den Urlaub 1978 unternahmen wir mit einer 6-köpfigen Freundesgruppe und zwei alten Autos nach Frankreich und Italien. Das Gepäck hatten wir beim Audi von Stefan auf den Dachgepäckträger geschnallt. Eigentlich wollten wir immer in Kolonne fahren, aber irgendwie hatte Petras Käfer etwas den Anschluss verloren, was unser Glück war. Denn plötzlich löste sich auf der Autobahn der Gepäckberg und stürzte auf die Straße. Wir konnten zum Glück rechtzeitig bremsen (und dann das Gepäck noch einmal extra fest anschnallen) [Schutzengel-Einsatz #1]. Auf dem Campingplatz bei Lido die Jesolo (Nahe Venedig) angekommen, gab es in der Nacht einen heftigen Sturm. Ich hörte noch ein krachendes Geräusch, blieb aber im Zelt liegen. Am nächste Morgen sah ich, dass ein Ast von ca. 20 cm Durchmesser abgebrochen war und sich etwa 50 cm neben meinem Kopf in den Boden gebohrt hatte. [Schutzengel-Einsatz #2]. An diesem Morgen schwammen wir dann alle mal aufs offene Meer hinaus. Das Wasser war herrlich und verlockte dazu, sich auch etwas weiter vom Ufer wegzubewegen. Das habe ich dann aber sehr bereut, als erst das eine und dann das andere Bein Krämpfe bekamen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn mich meine Freunde nicht ans Ufer gebracht hätten. [Schutzengel-Einsatz #3]. Nach dem Urlaub wußte ich: Ich habe einen Profi als Schutzengel!

In Brilon angekommen war ich überrascht, dass sich langeAutoschlangen durch die Stadt wälzten, was offenbar mit den Hansetagen zu tun hatte (Viele Städte in Westfalen waren Teil des Hansebunds gewesen: Paderborn, Warburg, Brilon, Breckerfeld (Kleiner Gruß in die Heimat)…). Auf das Fest hatte sich Brilon lange Zeit vorbereitet. Im Fenster des Rathauses hing ein Countdown-Zähler. Vertreter aus allen internationalen Hansestädten waren erwartet worden. Die Hotels waren ausgebucht. Und dann kam Corona! Nach der Absage erfand man dann das Drive-In Fest, bei dem man mit Autos ein paar Stände abfährt und die nun überflüssig gewordenen Souveniers der Veranstaltung bekommen kann. Ein trauriger Anblick, auch wenn alle versuchten, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Brilons groß geplantes Hansefest abgesagt: Es bleibt ein trauriges „Drive In“, wo die Souveniers verschleudert werden…

Das heutige Ziel, das Hotel am Wallgraben, hatte auch stark unter der Absage gelitten. Für mich hatte das aber den Vorteil, noch ein sehr schönes Zimmer im Neubau zu bekommen.

Ohne es zu wissen hatte ich das gleiche Hotel gebucht, in dem ich für eine Rothaarsteig-Wanderung schon einmal gewesen war.

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